1. Wenn Sie sich einen Hund kaufen, nehmen Sie einen großen !
Wie in vielen anderen Branchen, gibt es auch bei Hunden eklatante Mißverhältnisse zwischen Preis und Leistung. Kehren Sie Zeitgenossen, die Ihnen Hundezwerge zu „Schäferhundpreisen“ andrehen wollen, kommentarlos den Rücken.
2. Kaufen Sie nur Hunde seltener Rassen !
Nur so können Sie die staunende Gemeinde der Allerweltshundebesitzer von Ihrem kynologischen Fachwissen überzeugen. Lassen Sie Setter, Rottweiler und Dobermann links liegen, wählen Sie lieber einen Akita Inu, Basenji oder Fila Brasilero. Exotik hat ihren eigenen Charme und ein Rhodesian Ridgeback umgibt seinen Besitzer auf natürliche Weise mit dem Flair der Großwildjagd. Nebenbei tun Sie noch etwas gegen die zunehmende Verödung des Stadtbildes und viele bewundernde Blicke sind Ihnen gewiss.
3. Wählen Sie niemals eine Rasse, deren Vertreter Ihnen in puncto Körperkraft nicht mindestens um das Doppelte überlegen sind !
Auf diese Weise finanziert sich der Hund nicht nur selbst, da Sie die überhöhten Beiträge fürs Fitness- Studio einsparen, Sie zeigen Ihrer Umwelt gleichzeitig, daß Sie mutig, unerschrocken und erfrischend optimistisch sind. Dieser Effekt kann auf einfache Weise potenziert werden: Halten Sie grundsätzlich Rüden, niemals eine Hündin.
4. Bringen Sie Ihren Typ zur Geltung !
Wenn die erste Sichtung der Hunderassen (siehe Punkt 2) mehrere Möglichkeiten offen läßt, wählen Sie einen Hund, der zu Ihrem Typ paßt. Bei Männchen mit der Gestalt eines Gartenzwerges drängt sich ein Irischer Wolfshund geradezu auf. Fettleibige können mit einem Barzoi oder Greyhound ihre Erscheinung relativieren und feingliedrige Künstlertypen kommen neben einem Bernhardiner bestens zur Geltung.
Basketballspielern seien Westies wärmstens empfohlen aber nur ein Bullterrier ist in der Lage, Ihren sozialen Rang angemessen zu unterstreichen. Damen mit besonders zierlicher Figur seien Owtscharka und Sarplaninac Rüden ans Herz gelegt, womit wir wieder bei Tip Nummer 3 wären.
5. Lesen Sie keine Hundebücher !
Die Autoren sind ohnehin nur Halsabschneider mit begrenzter Einsichtsfähigkeit. Sie gehen so der Gefahr aus dem Weg, daß Ihre klaren Vorstellungen von Phantasten und Lobbyisten verwässert werden. Wenn es denn unbedingt ein Hundebuch sein muß, nehmen Sie eines der ganz billigen!
Die Autoren dieser Werke wissen auch nicht weniger als die geldgeilen Hundebuch-Literaten und sind sicherlich über jeden kleinen Zuwachs ihres Einkommens dankbar. So schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie erwerben ein literarisches Schnäppchen und tun etwas für Ihr soziales Gewissen.
6. Beziehen Sie Ihre Hunde nicht aus Tierheimen!
Es sei denn, Sie möchten unverschuldet in den Ruf geraten, Ihre Kleidung bei Trödlern zu beschaffen oder in Secondhand Geschäften nach einem neuen Lebensabschnittsgefährten Ausschau zu halten. Seit Jahrzehnten investiert die Menschheit Unsummen in die Verwirklichung der perfekten Wegwerfgesellschaft – da können Sie nicht einfach gedankenlos einen Kontrapunkt setzen. Außerdem sind diese Hunde von minderer Qualität oder können Sie sich einen Grund vorstellen, warum jemand einen Hund abgeben sollte, ohne einen angemessenen Gegenwert erstattet zu bekommen?
7. Schaffen Sie sich nur Rassehunde an!
Kopieren Sie alle Abstammungsnachweise, Zuchtbuchauszüge und sonstigen Unterlagen in ein brieftaschengerechtes Format. So können Sie nicht nur Unkundigen, sondern allen Hundebesitzern, jederzeit den Spiegel der Unkenntnis vors Gesicht halten und die Treffen kurzweilig gestalten. Lassen Sie sich keines der Papiere zurückgeben, bevor es Ihr Gegenüber nicht mindestens drei Minuten studiert hat. Niemand kann sonst Ihren kynologischen Weitblick angemessen würdigen.
8. Legen Sie sich spätestens mit der Anschaffung des Hundes ein umfangreiches kynologisches Fachvokabular zu!
Banausen, die Sie mit der Frage langweilen, ob „er“ denn lieb sei, werden Ihrem Vortrag über „Analogien der Wesensentwicklung deutscher Rassezuchthunde unter Berücksichtigung ethologisch-kynologischer Prinzipien und selektionsrelevanter Strategien“ ergriffen lauschen.
Lassen Sie keine Gelegenheit aus, Ihren Ruf als einer der letzten wirklichen Hundekenner zu festigen. Beantworten Sie Einwände allenfalls mit einer abfälligen Handbewegung – denn wer tatsächlich etwas von Hunden versteht, hätte Ihnen ja wohl kaum widersprochen, oder?
9. Werden Sie Mitglied in einem Hundeverein!
Vorsicht – nehmen Sie nicht den erstbesten. Als Faustregel gilt: Je exklusiver, desto besser. In Frage kommen nur Vereine, die keine Hunde anderer Rassen und bitteschön schon gar keine Bastarde auf ihr Gelände lassen. Achten Sie auf sorgfältige Zugangskontrollen und unmißverständliche Hinweisschilder. Oder würden Sie einem Golfclub beitreten, auf dessen achtzehnten Grün Arbeitslose und Hausbesetzer ein Picknick veranstalten? Gefährden Sie nicht die natürliche Distanz zwischen Jet-set und Proletariat für ein bißchen verklärte Sozialromantik…
10. Sparen Sie nicht am falschen Ende!
Geben Sie Billighalsbändern und schnöden Kunststoffleinen keine Chance, es sei denn, Sie möchten als Geizkragen gelten und den Eindruck erwecken, Ihr Hund sei Ihnen nichts wert.
Italienische Designer bieten farblich abgestimmte Kollektionen an, so besitzen Sie zu jedem Kleidungsstück ein passendes Halsband für den kleinen Liebling. Besonders zu empfehlen sind reich mit Krokodil- oder Schlangenleder verzierte Designerstücke.
Elfenbeinapplikationen entwickeln ihre volle Schönheit erst im Zusammenspiel mir anderen wertvollen Materialien. So können Sie jedermann unaufdringlich beweisen, daß Sie ein entspanntes Verhältnis zu Tieren haben und daß Ihr Hund für Sie etwas ganz besonderes ist.
11. Bestehen Sie auf Ihre Grundrechte!
Wenn Sie zufällig einen Hund mit einer Widerristhöhe unter 35 Zentimetern besitzen, lassen Sie keinen Zweifel daran aufkommen, daß für alle größeren Hunde generelle Leinenpflicht besteht.
Vermeiden Sie dabei Formulierungen wie: „Könnten Sie bitte Ihren Hund anleinen?“, denn diese Ausdrucksform wird von Ihrer Zielgruppe sowieso nicht verstanden. Ein stimmungsvolles: „Nehmen Sie gefälligst Ihren Scheißköter an die Leine!“ ist der Situation angemessen und für jedermann leicht verständlich.
Vergessen Sie dabei aber nicht, anderen Hundebesitzern bei jeder Gelegenheit mit Ihren Rechtsanwälten zu drohen – nur so können Sie den Nachweis erbringen, daß Sie die Funktionsprinzipien des Rechtsstaats wirklich verstanden haben.
12. Abonnieren Sie einige fachbezogene Mailinglisten im Internet!
Je mehr, desto besser. Setzen Sie sich nicht dem Verdacht aus, in der Steinzeit zu leben oder an aktuellen Entwicklungen kein Interesse zu zeigen. Neueste Erkenntnisse versierter Hundehalter aus ländlichen Gemeinden der USA über Abstammung, artgerechte Ernährung, erfolgreiche Ausbildung, sinnvolle Körperpflege und nützliche Gesundheitsfürsorge ruft der moderne Mensch online ab.
Wie? Sie haben Zuhause noch keinen Internet-Zugang und surfen auf Firmenkosten? Lassen Sie das bloß niemanden hören!
13. Machen Sie mit Ihrem Hund keine Ausbildung!
Die Welt ist voll von autoritären Wichtigtuern und Sklaventreibern, die Ihren Hunden beibringen, Mitmenschen weder zu gefährden noch zu belästigen. Dies ist mit dem Tierschutzgesetz keinesfalls vereinbar. Schützen Sie die zarte Seele Ihres Hundes vor dem Psychoterror unverantwortlicher Tierschänder, vor allem, wenn Sie einen kleinwüchsigen Hund besitzen.
14. Keine Ausbildung ohne Prüfung!
Sollte eine Ausbildung unvermeidlich sein, bestehen Sie unbedingt auf einer formellen Prüfung. Ansonsten könnte eine wahre Katastrophe eintreten: Sie haben Ihren Hund ausgebildet und keiner merkt etwas davon.
Kopieren Sie die Prüfungsurkunde wie in Punkt 7 beschrieben und lassen Sie die Kopie gelegentlich zwischen die anderen Papiere rutschen.
Detailreiche Darstellungen des Ausbildungsverlaufes interessieren Fremde am meisten! Selbst Hundeskeptiker werden sich in der Schlange des Supermarktes oder im Wartezimmer des Tierarztes Ihren ausführlichen Schilderungen nicht entziehen wollen.
Lassen Sie dabei stets eine größere Anzahl unscharfer und überbelichteter Fotos herumgehen, die kleinen Qualitätsmängel unterstreichen die Dynamik der Situation und werden gerne verziehen.
15. Seien Sie nervenstark!
Nicht selten fallen Hundehalter unangenehm auf, indem sie lauthals herumschreien, wenn ihr Dackelmix von einem wesensfesten Deutschen Schäferhund untergeordnet wird. Mit solcherlei unangebrachten Gefühlsausbrüchen werden Kinder oder ältere Menschen erschreckt und das Fehlverhalten fällt auf die Hundehalter insgesamt zurück.
Lassen Sie Ihren wesensfesten Schäferhund ruhig gewähren, die Tiere können solche Probleme prima unter sich regeln. Völlig anders ist der Fall gelagert, wenn Ihr wesensfester Deutscher Schäferhund von einem größeren Hund gemein und hinterhältig angegriffen wird.
Schlagen Sie mit der Leine dazwischen, schreien Sie lauthals um Hilfe und rufen Sie anschließend nach dem Staatsanwalt – schließlich gibt es für alles eine Grenze.
16. Lassen Sie Ihren Tierarzt nicht hängen!
Ärzte sehen sich oft mit dem Problem konfrontiert, dem engagierten Tierbesitzer Sachverhalte medizinisch korrekt und sprachlich verständlich auseinanderzusetzen. Der verantwortungsvolle Hundehalter ist hier zu Mitarbeit aufgerufen.
Eignen Sie sich in der U-Bahn oder auf dem Klo eine Auswahl Latizismen und wahllos zusammengesuchter medizinischer Fachausdrücke an. Schlagen Sie dabei den Bogen von der Inneren Medizin über Themen der Verhaltensforschung bis zur Gentechnik.
Zukünftig machen Sie sich nicht nur um das Zusammenwachsen interdisziplinärer Forschungsgebiete verdient, Sie können Ihrem Tierarzt schon bei der Begrüßung wertvolle Hinweise auf mögliche Krankheitsursachen Ihres Hundes geben.
Sprechen Sie Ihren Tierarzt ab sofort nur noch mit dem kollegialen „Du“ an, schließlich sind Sie jetzt auch vom Fach.
Einfach köstlich, diese Ratschläge ….ich musste sehr darüber schmunzeln, durchaus auch mit Wiedererkennungswert! Toll geschrieben, erinnert mich ein wenig an Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“. Gerne mehr davon!